Montag, 25. Juli 2011

Plädoyer gegen die fundamentale Aktienanalyse

Was ist eine fundamentale Aktienanalyse?

Die fundamentale Aktienanalyse versucht den sog. inneren Wert eines Wertpapiers zu ermitteln. Hierzu werden diverse Kennzahlen der Bilanzanalyse und Verfahren wie dem DCF und EVA herangezogen. Liegt der ermittelte Aktienwert dann über dem aktuellen Kurs, sollte gekauft werden und vice versa. Dem liegt die Idee zugrunde, dass der Kurs eines Wertpapiers mit der Zeit zu den inneren Wert gezogen wird (ökonometrischer Fachterminus: Mean-Reversion-Effekt).

Wo liegt das Problem?

Primo: Bereits der Mean-Reversion-Effekt ist in seiner Anwendung auf Kapitalmarktzeitreihen als kritisch zu betrachten. Informationen müssten demnach mit der Zeit "vergessen" werden. Typische hierfür sind u.a. die geometrisch brownsche Bewegung, der Wurzel-Diffusionsprozess, der Ornstein-Uhlenbeck-Prozess sowie alle stationären Box-Jenkins-Modelle. Famas fundamental geprägte Effizienzmarkthypothese geht allerdings davon aus, dass der Kurs eines Wertpapiers alle verfügbaren Informationen wiederspiegelt, womit den Fundamentalisten der argumentative Boden entzogen wäre. Als Alternative bieten sich die sog. integrierten Prozesse an (z.B. ARIMA oder IGARCH), die jedoch nicht mehr den Mean-Reversion-Effekt aufweisen und somit fundamentale Aktienanalysen ad absurdum führen. Werden sogar power laws in Kapitalmarktzeitreihen unterstellt, könnte es sehr nachteilig für Fundamentalisten ausgehen.

Secondo: Der obige Part ist stark finanztheoretisch und für Einsteiger eventuell zu abstrakt. Ich möchte daher noch ein eher Logik getriebenes Argument vorbringen. Nehmen wir zur Vereinfachung ein Unternehmen, das lediglich zwei Aktien ausgibt, die von zwei Fundamentalisten gehalten werden. Jeder Aktionär besitzt eine Aktie. Wann würde der Fundamentalist verkaufen? Genau dann, wenn der gehandelte Kurs den vom Fundamentalisten ermittelten inneren Wert überschreitet. Und jetzt beginnt es: der Anleger Nummer 1 müsse davon ausgehen, dass sein Kontrahent ebenfalls den inneren Wert kennt (alles andere wäre arrogant und/oder nicht mit der Effizienzmarkthypothese zu vereinen). Somit verkauft Anleger 1 nicht genau beim inneren Wert, sondern möglichst knapp darunter. Anleger 2 erwartet jedoch, dass Anleger 1 dies mit berücksichtigt und verkauft knapp unter dem "knapp darunter". Anleger 1 …

Es entfaltet sich das berühmte "ich denke dass du denkst dass ich denke"-Spiel, welches schon in der Kindheit verwendet wurde um möglichst intelligent Aussagen und Handlungen anderer zu hinterfragen. Tatsächlich stellt es eine rekursive Schleife dar, die in letzter Konsequenz nur zu einem führen kann: den aktuellen Kurs.

Warum funktionieren Fundamentalstrategien trotzdem?

Wenn man Geld an Kapitalmärkten anlegt, kann man gewinnen. Zu den Gewinnern zählen zweifelsohne Warren E. Buffett, George Soros und Lusha (ein russischer nicht fundamentaler Schimpanse). Diejenigen, die es mit fundamentalen Strategien versucht und dabei verloren haben, bleiben stumm und unberücksichtigt. Bereits Frédéric Bastiat hat in seinem Essay "Was wir sehen und was nicht" diese besondere Form des Bestätigungsfehlers beschrieben.

Welchen Wert haben dann fundamentale Kursprognosen und Handelsstrategien?

Keinen. Als rationaler Anleger muss man davon ausgehen, dass die anderen Anleger auch rational agieren und dann bringt die rekursive Schleife das Konzept zu Fall. Wenn die Effizienzmarkthypothese zugunsten der Mean-Reversion-Eigenschaft aufgehoben bzw. aufgeweicht wird und nicht vollkommen rationale Anleger unterstellt werden, kann alles passieren. Gerade deswegen gibt es ja die Effizienzmarkthypothese.

Weiteres:

Dieser Artikel ist hier auch in Essay-Form verfügbar und enthält eine einfache mathematisch Herleitung der rekursiven Schleife.

Zudem könnte die Vorlesung "Warning: Physics Envy May be Hazardous to Your Wealth" von Andrew W. Lo , Direktor des Laboratory for Financial Engineering am MIT, interessant sein, da er hier auch eine Erwartungsschleife für Wahrscheinlichkeiten erläutert.

Abschließen möchte ich mit einem Zitat von Burton Malkiel: "Under scientific scrutiny, chart-reading must share a pedestal with alchemy". Allerdings entstand aus der Alchemy die modernen Chemie und Pharmakologie welche heute nützliche Dienste leisten.

1 Kommentar:

  1. Hallo,

    war das was Du hier geschrieben hast als Spaß gedacht oder Ernst ? Mean Reversion hat doch nicht unbedingt etwas mit Fundamentalanalyse zu tun. Der Essay von Malkiel hat auch nichts mit Fundamentalanalyse zu tun, eher mit Chart Guru Pseudo Wissenschaft und EMH.

    Dein Beispiel mit den 2 Fundamentalanalysten die einzige Aktionäre sind hinkt auch gewaltig. Aber das weisst Du vermutlich selbst.

    Ich sehe hier bisher nichts was belegt bzw. zeigt, daß Fundamentalanalyse nicht funktioniert.

    Der Essay ist leider nicht mehr verfügbar von Dir anscheinend. Ich hätte gerne Deine Ausführungen vollständig gelesen. Ich lese immer gerne und viel warum die Fundamentalanalyse nicht funktionieren sollte. Bisher hab ich leider nichts finden können.

    Vielleicht frischt Du den Link noch einmal auf bitte. Ansonsten besuch mich mal auf meinen Blog, da geht es fast nur um die Fundamentalanalyse. Hier der Link zu den Aktienanalysen und Fundamentalanalysen : http://aktienanalyse-fundamental.blogspot.com/

    Grüße.
    Robert

    AntwortenLöschen